Kritik: Doctor Who – The Pyramid at the End of the World

Series 10, Episode 7
mit Peter Capaldi, Pearl Mackie und Matt Lucas
Drehbuch: Peter Harness und Steven Moffat
Regie: Daniel Nettheim
45 Min. / Erstausstrahlung 27.5.2017

C-

Mit Spoilern.

Doctor Who ist keine Serie, in der immer alles Sinn ergibt. Das Konzept eines unsterblichen Aliens, das in einer Notrufzelle durchs Universum reist, die innen größer ist als außen, lädt schließlich auch nicht gerade zu strikt logischen und wissenschaftlich schlüssigen Geschichten ein. Und die meiste Zeit ist das auch völlig in Ordnung. Eine meiner Lieblingsfolgen, The Angels Take Manhattan, beginnt damit, dass niemand Geringeres als die Freiheitsstatue einen von ganz New York unbemerkten Spaziergang unternimmt und endet mit einem Ende, bei dem nicht einmal der Doctor selbst wirklich glaubhaft erklären kann, warum er seine Companions nie wiedersehen wird.

Aber in einer guten Folge macht das keinen Unterschied. Wenn die Handlung spannend ist, die Charaktere interessant und die aufgeworfenen Fragen einen am Ball halten, dann hat man als Zuschauer in der Regel keine Probleme damit, ein paar Logiksprünge zu verzeihen oder gleich komplett zu übersehen. Autor Peter Harness hat das bereits in The Zygon Invasion unter Beweis gestellt. Wir erinnern uns, dort wurde eine Gruppe von Soldaten davor gewarnt, dass sie Wesen begegnen würden, die die Gestalt eines jeden Menschen annehmen können und dennoch spazierten sie munter in die Falle. Damals störte mich das nicht besonders, denn die Story war aufregend genug.

The Pyramid at the End of the World hingegen versagt an dieser Stelle. Nachdem wir bereits letzte Woche eine ganze Folge lang auf die kommende Invasion der unheimlichen Mönche vorbereitet wurden, ist dies im Grunde genommen nur eine weitere Vorbereitungsfolge, ein sehr langer, sehr ausführlicher Teaser, der bis zu den letzten fünf Minuten kein bisschen mitreißt. Die Episode wirkt statisch, es passiert nichts als das in verschiedenen Konstellationen herumgestanden wird und auch die Aliens erscheinen mit einer beiläufigen Banalität, als wären sie die Zeugen Jehovas und würden sowieso alle drei Wochen in einer riesigen Pyramide auf der Erde landen. Ein weiteres Problem ist die Rolle des Doctors als „Präsident der Erde“, was vor drei Jahren mal eine Folge lang ganz witzig war, ihn hier aber deplatziert und merkwürdig aussehen lässt.

Und da kommen die Ungereimtheiten ins Spiel: Das ganze „Consent“-Ding, welches die Mönche so sehr zelebrieren, ergibt von vorne bis hinten keinen Sinn und wird noch zusätzlich dadurch ad absurdum geführt, dass Bill zum Schluss genauso aus Angst handelt wie zuvor der Generalsekretär der UN. Außerdem: Warum war Bill ein Repräsentant für den Doctor, wenn der nicht wollte, dass sie den Handel einging? Warum glauben alle den Mönchen sofort, dass sie ihnen die Zukunft zeigen und nicht nur eine fiktive Simulation? Warum müssen die Mönche einen Moment abwarten, in dem die Welt von alleine untergeht, wenn sie quasi allmächtig sind und einen solchen Moment selbst herbeiführen könnten? Warum war der Doctor, ein Mann mit Zugriff auf das gesamte Universum, nicht in der Lage, jemanden zu finden, der seine Augen repariert, wenn die Mönche ihn sogar aus weiter Ferne heilen können? Warum hat der Doctor die Bombe nicht abgestellt?

Die Liste der Fragen ist endlos, und sie würden mich wahrscheinlich nicht, oder zumindest weniger stören, wenn mich die Story drumherum gepackt hätte. Doch da scheiden sich in den Reaktionen zur Folge die Geister, und ich sitze im negativen Lager. Was schade ist, denn The Pyramid at the End of the World hat einige gute Ideen, die eine bessere Umsetzung verdient hätten. Eine Alien-Invasion im Kreuzfeuer eines internationalen Militärkonflikts, klingt doch fantastisch! Und auch das Ende ist ein dicker Pluspunkt: Der Doctor zahlt den Preis dafür, dass er Bill nicht die Wahrheit über seine Blindheit erzählt hat – ein großartiger Abschluss für einen sehr ungewöhnlichen kleinen Handlungsbogen.

In der Geschichte von Doctor Who gibt merkwürdig viele Beispiele dafür, dass auf die besten Episoden oft die schlechtesten folgen. Nach The Caves of Androzani kam The Twin Dilemma. Nach The Doctor Dances kam Boom Town. Nach The Zygon Inversion kam Sleep No More (ich mag Sleep No More sogar ganz gerne, damit aber in einer kümmerlichen Minderheit). Für mich ist hier wieder ein solcher Punkt erreicht. Extremis war ein kleines Meisterwerk, nach dem es eigentlich nur bergab gehen konnte, aber dass es gleich so steil passieren würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Immerhin kann ich mich nun mit gedämpften Erwartungen auf The Lie of the Land vorbereiten und hoffentlich wieder positiv überrascht werden. Ich bin schließlich keine Leiche mit Mönchskutte und kann deshalb nicht in die Zukunft sehen.

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