Kritik: Doctor Who – The Return of Doctor Mysterio

Series 10, Episode 0.1
mit Peter Capaldi und Matt Lucas
Drehbuch: Steven Moffat
Regie: Ed Bazalgette
60 Min. / Erstausstrahlung 25.12.2016

B-

Dieser Artikel enthält einen Spoiler für den Film Batman v Superman (auch wenn der Film nicht gut genug ist, dass ein Spoiler einen Unterschied machen würde). 

Das Jahr 2016 ist vorbei und damit wird nun hoffentlich endlich alles besser. Angefangen damit, dass wir nun endlich damit aufhören können, über das Jahr 2016 Wut und Feuer zu speien. Das Meme „Fuck 2016“ ist Geschichte – und damit auch die Abwesenheit des Doctors. Kein Wunder eigentlich, dass ein Jahr ohne Doctor Who nichts werden konnte. Seine Rückkehr war sehnlichst erwartet – und in ein paar Monaten wird die vollständige Staffel 10 folgen. Und bis dahin ist die Weihnachtsfolge eine dringend benötigte Erinnerung daran, warum wir den Doctor als Helden so vermisst haben.

Dass The Return of Doctor Mysterio keine Erschließung neuer Qualitäts-Höhepunkte oder ein revolutionärer Klassiker werden würde, war bereits im Vorhinein zu erahnen. Steven Moffat hat zur Rückkehr von Doctor Who ausnahmsweise etwas getan, das er in der Regel gern vermeidet und auf Nummer Sicher gespielt. Während die zwei vorangegangenen Weihnachtsfolgen eng mit früheren Geschichten verbunden waren und seine Weihnachtsemotionen vor allem den Fans anbot, richtet sich dieses Special an eine deutlich breitere Zielgruppe. Es ist eine Art Konsens-Doctor Who, ein Blockbuster für die ganze Familie, inklusive des Opas, von dem man nicht erwarten kann, dass er sich noch an sämtliche Handlungsstränge der letzten Jahre erinnert.

Das Ergebnis ist die vielleicht eigenständigste Episode der Serie seit The Eleventh Hour, Moffats Einstieg als Showrunner vor ganzen sechseinhalb Jahren. Zwar gibt es ein paar kleine Querverweise auf das nun einjährige The Husbands of River Song (inklusive Matt Lucas‘ Rückkehr als Nardole natürlich), aber die fallen kaum auf. Die eigentliche Handlung ist simpel und klar verständlich: „Doctor Who trifft/erschafft/rettet Superman.“ Und wenn eine Serie gerade ein Jahr Pause gemacht hat, ist ein wenig anspruchsvoller Einstiegspunkt wie dieser wohl keine schlechte Idee.

Es scheint passend, dass die Episode, die das Horror-Jahr 2016 beschließt, sich mit Superman ausgerechnet einer Figur der Popkultur widmet, die eines der frühen Opfer eben jenes Jahres war. Im März trat der ikonische Held in Batman v Superman: Dawn of Justice als weinerlicher, gewalttätiger und gänzlich unheroischer Charakter auf – eine der wohl fundamentalsten Fehlinterpretationen der jüngeren Comicfilm-Geschichte. Und der größte Fehler wurde am Ende begangen: Als sowohl Superman als auch sein Alter Ego Clark Kent ums Leben kamen.

Die Sache ist die: Superman kann wieder auferstehen. Wir alle wissen das, und das Ende des Films kündigt dies bereits an. Aber Clark Kent bleibt tot. Er war der unscheinbare Reporter, der heimliche Held, der Außerirdische, der sich auf unserem Planeten so wohl fühlt, dass er sich manchmal vielleicht wünscht, er könnte einfach unter uns leben, als ganz normaler Mensch. Natürlich nur, bis ihn irgendwann die Pflicht ruft. Denn die Welt rettet sich nicht von allein.

Ich dürfte nicht der Einzige sein, den diese Beschreibung an eine andere Figur erinnert. Er mag nicht fliegen können oder einen Hitzeblick haben, seine Silhouette ist weit weniger eindrucksvoll und er braucht keine Verkleidung, um von der einen in die andere Rolle zu wechseln, doch auch der Doctor ist insgeheim ein Alien auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit. Sicher, Peter Capaldis Inkarnation ist vom Gebahren her oftmals weniger Superman als vielmehr ein sarkastischer Altpunk-Tony Stark, aber wenn man ihn braucht, ist er zur Stelle.

In Batman v Superman gibt es eine Szene, in der Supermans Adoptivmutter ihm sagt: „You don’t owe this world a thing. You never did.“ Sie hat Unrecht. Der Film hat Unrecht. Und der Doctor weiß das besser als irgendjemand anders. Vor knapp drei Jahren weigerte er sich in In the Forest of the Night, die Erde ihrem Schicksal zu überlassen und erklärte: „This is my world, too. I walk your earth, I breathe your air.“

Allein dies zeigt, dass Steven Moffat nicht nur den Doctor versteht, sondern auch Superman – besser sogar als die Personen, die im Moment in Hollywood für Superman verantwortlich sind. Nicht nur liefert er uns in The Return of Doctor Mysterio den legendären „Heldenkostüm unter dem Hemd“-Moment, für den sich die aktuelle Supermanfilmreihe offenbar zu erwachsen und düster fühlt, sondern er zeigt uns auch, dass Clark Kent genauso wichtig für diese Geschichten ist wie Superman, wenn nicht sogar wichtiger.

Während Clark Kent nun also unter der Erde ruht und für alle zweihundert geplanten Fortsetzungen im DC-Universum nicht mehr zur Verfügung steht, gesteht Lucy am Ende von The Return of Doctor Mysterio ihrem Gegenüber Grant, dass sie in ihrem Superheldenkostüm bevorzugt – und schiebt ihm seine Brille auf die Nase. Das Zeichen des Helden in Zivil. Und der Doctor geht seiner Wege – ein Superheld der eigenen Art, ohne Cape, ohne besonders bemerkenswerte Kräfte. Und doch, irgendwie, ein Superheld. Und wenn man es genau nimmt, eine Brille hat er seit der letzten Staffel ja ebenfalls. Schön, dass er zurück ist.


Foto © BBC

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