Amy und der Doctor – Eine Geschichte in sechs Standbildern

Wenn es darum geht, verschiedene Ären von Doctor Who miteinander zu vergleichen, gibt es nur sehr wenige objektive Wahrheiten. Aber eine davon ist: Unter Steven Moffat, der 2010 mit Staffel 5 die Serienleitung übernahm, hat sich die Optik von Doctor Who enorm verbessert. HD-Kameras und kinogerechter Einsatz von Tiefenschärfe und Farben, sowie eine Hingabe an visuelles Storytelling machen es möglich, dass man immer mehr aus einzelnen Standbildern herauslesen kann. Und sogar eine ganze Geschichte erzählen.

1. Kennenlernen
aus The Eleventh Hour, 2010

Zwei Farben dominieren dieses Bild: Blau und Orange/Rot. Der Raum im Hintergrund, sowie der Flur hinter der Tür sind dunkelblau, kalt und ungemütlich. Es ist offensichtlich Nacht. Doch im Vordergrund strahlt das orange Licht, das auf den Tisch und die beiden Figuren geworfen wird, eine angenehme Wärme aus. So unheimlich die Nacht auch sein mag, hier am Tisch ist alles in Ordnung, behaglich und freundlich. Amelias rote Jacke ist der wärmste Punkt, sie ist das emotionale Herz im Bild. Das Hemd des mysteriösen Doctors ist blau, genau wie die ungewisse Nacht, aus der er kam, aber er wärmt sich bei ihr allmählich auf.

2. Die Wahrheit über den Doctor
aus The Eleventh Hour, 2010

Der Hintergrund wird komplett unscharf und der Fokus liegt nur auf drei Elementen: Dem Doctor, Amy und Amys Apfel, welchen er zwölf Jahre zuvor hat mitgehen lassen. Dies ist der Moment, in dem Amy klar wird, dass alle ihre Träume und Wünsche wahr sind. Die Bildkomposition spiegelt das wieder: Der Doctor sieht Amy flehend an, sie starrt ungläubig auf den Beweis in ihrer Hand. Beide scheinen magisch zu leuchten. Und wieder spielt der Blau vs Orange-Kontrast eine wichtige Rolle. Amys Haare und ihr Apfel sind die feurigen, emotionalen Elemente im Bild. Und der blaue Lens-Flare symbolisiert den nach wie vor mysteriösen Doctor.

3. Amy lernt fliegen
aus The Beast Below, 2010

Dies ist nur ein kleiner Moment vom Anfang der Episode, aber umso wichtiger. In der Folge zuvor hat Amy den ausgedachten Helden ihrer Kindheit wiedergetroffen, findet sich nun im Nachthemd in einem Wirklichkeit gewordenen Traum wieder und tut das, was sich jedes Kind im Traum wünscht: Fliegen. Sie wurde in eine völlig neue unbekannte Welt gestürzt und der Doctor hält sie gerade noch fest, damit sie nicht verloren geht. Und falls ihr Blau/Orange noch nicht satt habt? Das Innere der TARDIS leuchtet ganz schwach orange, als Zeichen dafür, dass der Doctor ihr nun den warmen gemütlichen Unterschlupf bietet, denn er vierzehn Jahre zuvor von ihr bekam.

4. Abenteuer!
aus Let’s Kill Hitler, 2011

So aufregend jede Freundschaft und jede Liebe beginnen mag, früher oder später muss sie zwangsläufig in der Normalität landen. Und im Fall von Amy und dem Doctor (und Rory, den wir lieben, auch wenn er in diesem Artikel ein wenig zu kurz kommt) sieht die Normalität so aus wie auf diesem Bild. Mehr oder weniger ausversehen sind sie im dritten Reich gelandet, und starren Adolf Hitler ins Gesicht. Ach ja, und im Hintergrund versteckt sich Amys Tochter, die gleichzeitig ihre beste Freundin aus der Schulzeit ist. Hier gibt es nicht viel zu analysieren. Ist schließlich normaler Alltag, dass so etwas passiert.

5. Wir machen Pause
aus The Angels Take Manhattan, 2012

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Die letzte Folge mit Amy als Companion beginnt nicht etwa mit einer Action-Sequenz oder großen Emotionen. Sie beginnt in einem einfachen Park, im Hintergrund die zwar beeindruckende, aber auch sehr heutige Skyline von New York City. Der Doctor und Amy sind aneinandergelehnt, in simples Sonnenlicht getaucht. Da hier das Ende ihrer Geschichte beginnt, ist es ein überaus wichtiger Moment. Doch wir sehen keine Spielereien mit Farben und Licht. Es gibt kein Drinnen und Draußen mehr, kein Vertrautes und Fremdes. Die beiden Freunde sind schon lange auf Augenhöhe. Und verbringen ihren Alltag nicht einmal mehr mit der Suche nach Abenteuern. Sondern damit, im Park zu sitzen und die Zeitung lesen. Wie richtige Erwachsene. Von der Kindheitsfantasie ist nichts mehr geblieben.

6. Goodnight
aus The Time of the Doctor, 2013

Kurz vor seiner Regeneration erscheint Amy dem Doctor noch einmal in seiner Vorstellung. Der hatte in der Zwischenzeit seine TARDIS umdekoriert, blau ist sie jetzt. Doch in diesem Moment wird ihre Kühle von Amys Zeichnungen überdeckt und schließlich auch von Amy selbst, von der ein oranges Schimmern auszugehen scheint. Am Ende seines Lebens gewährt sie ihm für einen Moment Hoffnung und ein Zuhause, genauso wie sie es am Anfang dessen getan hat. Nur dass die Rollen vertauscht sind. Denn nun ist sie zu seiner ausgedachte Freundin geworden.


Fotos © BBC

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