Doctor Who – The War Doctor: Staffel 2
mit John Hurt
Drehbuch: John Dorney, Phil Mulryne & Matt Fitton
Regie: Nicholas Briggs
3×60 Min. / Veröffentlichung Februar 2016
B
Der War Doctor ist ein einzigartiger Charakter. Nicht nur wegen der Grundidee, die Geschichte einer Doctor-Inkarnation zu erzählen, die ihren Namen abgelegt hat, sondern auch, weil bisher jeder Auftritt von John Hurts Figur ein groß angelegtes Event war. Sein Cameo in The Name of the Doctor. Seine Hauptrolle in The Day of the Doctor. Sein Romandebüt in Engines of War und vor einigen Wochen, sein (enttäuschendes) Hörspieldebüt in Only the Monstrous. Das Besondere an Infernal Devices, dem zweiten Audio-Boxset mit dem War Doctor, ist also fast, dass es das erste nicht besondere ist. Es ist ein ganz normaler Teil einer Serie, und das fühlt sich irgendwie merkwürdig an. Der War Doctor ist gewöhnlich geworden.
Aber der Reihe nach: In meiner Kritik zu Only the Monstrous habe ich mich vehement über verpasste Chancen und ungenutztes Potential ausgelassen. Die drei Folgen wirkten blass, unoriginell und wie Big Finish-Fließbandware. Und am Schlimmsten: Sie wurden dem ungeheuerlichen Konzept des Time War nicht gerecht, der den Hintergrund für die Doctoren 9-12 gebildet hat. Die wichtigste Nachricht ist also, dass zumindest das letzte dieser Probleme in Infernal Devices behoben wurde. Man fühlt den Time War, wie man es noch nie vorher getan hat, man spürt, dass hier etwas Unheimliches und Unsägliches vor sich geht, wie es nur ein auf Vorstellungskraft gestütztes Medium wie das Hörspiel es darstellen kann.
Insbesondere die erste und die letzte der drei einstündigen Folgen erforscht die aus den Fugen geratene Welt von Time Lords und Daleks auf spannende Weise und zeigt uns zwei Krieger-Rassen, die sämtliche Grenzen und Skrupel lang hinter sich gelassen haben und nur noch einem einzigen Ziel verpflichtet sind: Die Rettung ihrer Spezies. Genauer zu werden, würde heißen, Spoiler preiszugeben, aber die Ideen, die die Big Finish-Autoren hier vom Stapel lassen, sind auf jeden Fall genauso dreckig, entsetzlich und faszinierend, wie es sich für eine Geschichte über den größten Krieg in der Geschichte des Universums gehört.
Die Ideen stimmen also – und auch der War Doctor selbst darf sich in diesem Set über Charakterentwicklung freuen, die etwas präziser ist als das Anschnauzen von anderen Leuten, die „Doctor“ zu ihm sagen. Insgesamt wirken die Geschichten runder, stimmiger und – wie es sich gehört – abgefahrener. Aber gleichzeitig sind manche der Schwächen, über die ich im Dezember lamentierte, immer noch allzu präsent. Damals war ich enttäuscht darüber, dass der War Doctor nicht mehr als „ein Abenteuer wie jeder andere Doctor auch“ zu erleben schien und auch wenn Infernal Devices mehr Kreativität zeigt, ist dieses Problem immer noch nicht ganz gelöst.
So folgen nämlich alle drei Folgen dem exakt selben Schema: Der War Doctor taucht irgendwo auf, trifft einige Soldaten, mit denen er sich anfreundet, enthüllt die Schrecken des Time Wars und verkündet, dass ihm das eigentlich so gar nicht zusagt. Dann kommt es zur Eskalation, einige seiner neu gefundenen Freunde gehen drauf und der Tag ist gerettet – fürs Erste. Es fühlt sich an wie stinknormale 70er-Jahre-Folgen mit etwas mehr „Edge“ und einem anderen Doctor. Und ich kann mir nicht helfen, aber als ich in The Name of the Doctor John Hurts Rücken sah oder in The Day of the Doctor mit ihm mitfieberte, hätte ich mir wohl kaum vorstellen können, dass die offiziell lizensierten Abenteuer dieser mysteriösen und aufregenden Inkarnation sich so alltäglich anfühlen könnten.
Vielleicht liegt das Problem auch weniger an Big Finish, sondern an mir. Vielleicht ist es den Autoren hiermit tatsächlich gelungen, die bestmöglichen Folgen für eine War Doctor-Serie zu machen. Nur frage ich mich mittlerweile, ob eine War Doctor-Serie überhaupt von Anfang an so eine gute Idee war… Besteht der Reiz seines Charakters und des Krieges, in dem er kämpfte, nicht vor allem darin, dass wir nicht wissen, was dort genau geschah? Dass seine Vergangenheit im Dunkeln liegt und all die Monster und Flüche, durch die er sich kämpfte, neblig und kaum zu verstehen sind?
Infernal Devices ist die erste Veröffentlichung mit dem War Doctor ohne Sonderstatus und auch wenn es die beste seit The Day of the Doctor ist, fühlt es sich irgendwie an wie ein Schritt zu weit. Denn wenn dieser wunderbare Charakter eins nie werden sollte, dann eine Figur mit einem Schema, einem Erfolgsrezept, Berechenbarkeit. Vielleicht wäre es für mich also fast das Beste, mich einfach komplett von den War Doctor-Hörspielen zu verabschieden. Doch da kommt mir die kleine Bewertung am Anfang dieser Seite in die Quere. Denn um jetzt auszusteigen, sind diese Stories mittlerweile schlicht und einfach zu gut.
© BBC/Big Finish