Lieber Mr. Moffat,
Doctor Who-Showrunner ist ein Scheißjob. Bei keiner anderen Serie auf der Welt ist die Fangemeinde in so viele unterschiedliche Lager mit unterschiedlichen Vorstellungen darüber aufgeteilt, wie eine gute Staffel auszusehen hat. Der eine wünscht sich einen deutlichen Fokus auf dem Companion-Charakter, für den anderen ist diese Idee gegen die Grundidee der Serie. Der eine wünscht sich weniger alte Monster, der andere vermisst die Daleks. Was man auch tut, man kann es nie allen recht machen.
Auch Sie haben es nie geschafft, es allen recht zu machen. Im Gegenteil, über die meiste Zeit Ihrer Ära waren die lautesten Stimmen oft die übelsten, die nie-endenden „Doctor Who ist ruiniert!“-Rufe, die schon Russell T. Davies seinerzeit ertragen musste. Nur, dass Sie zusätzlich noch mit den Fans von Davies zu kämpfen hatten. Doch egal, wie viele Leute Doctor Who für ruiniert erklärten, der Zustand in dem Sie Doctor Who hinterlassen, könnte kaum besser sein.
Als Russell T. Davies vor acht Jahren bei der BBC seine Kündigung einreichte, gab es in der Chefetage Gespräche darüber, die Serie einfach abzusetzen. Heute wäre das unvorstellbar. Sie haben Doctor Who von einem britischen TV-Event zu einem globalen Phänomen gemacht, zu einer der wichtigsten und besten Science-Fiction-Serien auf dem Planeten. Sie haben allen gezeigt, dass Doctor Who so viel größer ist als die Vision einer Person und sie haben mich und so viele andere davon überzeugt, dass es hierbei um die wildeste, üppigste und beste Serie der Welt handelt.
Die Liste ihrer Beiträge zur langlebigen Zukunft von Doctor Who ist endlos. Sie haben Gallifrey zurückgebracht, das Regenerationenlimit durchbrochen, Paul McGann seinen wohlverdienten Abschied ermöglicht und Regenerationen zu anderen Hautfarben und Geschlechtern etabliert. Sie haben uns drei fantastische neue Doctoren und ein einmaliges Kinoevent mit The Day of the Doctor beschert, dazu unzählige neue Klassiker der Doctor Who-Geschichte, die aufzuzählen die Länge dieses Absatz verdoppeln würde.
Aber eigentlich will ich mich auf einer ganz persönlichen Ebene bedanken. Hätten Sie sich nicht mit Folgen wie The Empty Child und Blink zum Fanliebling geschrieben und schließlich die Rolle des Produzenten und Hauptautoren übernommen, wäre ich heute kein Doctor Who-Fan. Es war Matt Smiths erste Folge, die mich verzaubert hat wie keine andere zuvor. Die Atmosphäre, die schnellen, gewitzten Dialoge und natürlich Matt Smith selbst, dieser wunderbare Narr, der nach seiner ersten Ansprache gleich einmal in einen Baum läuft.
Danke für Erlebnisse wie diese, danke für all die Male, an denen ich mich vor Lachen kaum noch halten konnte (als Matt Smith und David Tennant sich trafen…), ich vor schierer Anspannung den Atem verlor (John Hurt! Paul McGann! Davros!), mich bis an den metaphorischen Rand der Dehydrierung heulte (Amy und Rory!) oder kleine, fast schon beiläufige Dialogzeilen mich auf eine Weise trafen, die ich nie für möglich gehalten hätte („It breaks your heart. Because what’s the point in them being happy now if they’re going to be sad later? The answer is, of course, because they are going to be sad later.“)
Danke für die Doctoren Matt Smith, Peter Capaldi und John Hurt, drei Männer, die unterschiedlicher kaum sein könnten, aber alle ihren Abenteuerdurst, Optimismus und ihre Einzigartigkeit teilen. Vor allem Danke für Matt Smith, der in meiner internen Lieblings-Doctor-Liste wohl nie überholt werden wird. Danke für Amy und Clara, zwei der besten Companions, die die Show je hatte, echte, verwundbare, fehlbare Menschen, die ihren jeweiligen Doctoren sowohl ihre besten als auch ihre schlechten Seiten entlockten und sich am Ende beide dafür entschieden, ihre eigene Geschichte weiterzuschreiben anstatt auf ewig mit diesem alten verrückten Zeitreisenden rumzuhängen.
Danke für ihren Mut, sich neu zu erfinden und Neues zu wagen. Danke für experimentelle Meisterwerke wie Listen oder Heaven Sent, für riesig ambitionierte Storylines wie River Song oder die Silence, für Ihre Entschlossenheit, sich nie auf Vergangenem auszuruhen, sondern Doctor Who immer an neue, aufregende Orte zu tragen. Natürlich hat über sechs Jahre nicht jedes Experiment funktioniert, aber nicht nur sind die erfolgreichen Projekte klar in der Überzahl, nichts ist für Doctor Who wichtiger als der Wille, neue Dinge auszuprobieren. Mit Ambition gescheitert ist immer noch tausendmal besser als ohne Ambition Erfolg gehabt.
Danke, dass sie uns eine von Sony produzierte und konzeptlose Doctor Who-Hollywood-Verfilmung vom Hals gehalten haben.
Danke, dass Sie Steven Spielberg eine Absage erteilten, um für Doctor Who zu arbeiten.
Eine weitere Staffel wartet noch auf uns. Sie haben glücklicherweise etwas mehr Zeit als üblich, um sich auf diese vorzubereiten und damit sicherzustellen, dass ihren letzten Folgen als Doctor Who-Boss dem Standard entsprechen, den Sie in der Vergangenheit gesetzt haben. Und ich freue mich wie wahnsinnig darauf, sie zu sehen. Aber wenn ich ehrlich bin: Selbst wenn ihre letzte Staffeöaus einem auf dreizehn Folgen gestreckten Remake von Love & Monsters bestünden, Sie wären für mich immer noch der Größte. Ich werde Sie vermissen. Aber das Wissen, dass Doctor Who auch ohne Sie überleben kann, verdanke ich gerade der Tatsache, dass Sie den letzten Übergang so gemeistert haben.
Auf 11, 12, War, Amy, Rory, Clara, River, Missy, Kate, Osgood, Vastra, Jenny, Strax und Me. Auf die Weeping Angels, die Silence, Prisoner Zero, die Whispermen und das unbekannte Wesen unter dem Bett. Auf fliegende Haie und den Weihnachtsmann. Danke für alles.
Herzlichst
Ein Fan