Eigentlich ist ja schon der November die Zeit für Jahresrückblicke, aber es lohnt sich ja hin und wieder auch, ein bisschen edgy und unberechenbar zu sein. Deswegen werde ich den Januar über das vergangene Doctor Who-Jahr nochmal zeitmaschinenmäßig Revue passieren lassen. Den Anfang machen die 12 Momente, die für mich das Jahr ausgemacht haben. Gruselig, lustig, abgedreht oder tränenanrührend.
12. Stille Verfolgung – Before the Flood
Eine der furchterregendsten Szenen des Jahres. Die gehörlose Cass wird in einem Unterwasserkorridor vom Geist ihres Freundes verfolgt, der eine Axt auf dem Boden schleifen lässt. In Doctor Who wird meist eher wenig mit Ton gearbeitet, hier zeigt sich aber, wozu man die akustische Komponente alles gebrauchen kann. Supergruselig.
11. It’s bigger on the inside! – The Husbands of River Song
„Finally. It’s my turn.“ sagt der Doctor, bevor er in die TARDIS tritt und in einem Monolog für die Ewigkeit den „Bigger on the inside“-Running Gag zu bisher ungeahnten Höhen treibt. Macht einfach unglaublich viel Spaß.
„Oh. My, God! Oh, it’s bigger! On the inside. Than it is. On the outside! My entire understanding of physical space has been transformed! Three-dimensional Euclidean geometry has been torn up, thrown in the air and snogged to death! My grasp of the universal constants of physical reality has been changed… forever.“
10. Goodbye, Doctor – Face the Raven
Claras Abschied war toll und ein schockierendes Ende für eine Folge, die begann wie jede andere. Eine der besten Szenen vor allem auch wegen der Schauspielleistungen von Jenna Coleman und Peter Capaldi, deren Vertrautheit miteinander für Feels sondergleichen sorgt.
9. Der Doctor und Davros – The Magician’s Apprentice/The Witch’s Familiar
„Es gibt keine schlechte Szene zwischen dem Doctor und Davros“, bemerkte Steven Moffat im Herbst. Mit dem Opener der Staffel hat sich das nicht geändert. Die Dialoge zwischen den beiden uralten Feinden sind spannender als irgendein Dialog das Recht hat zu sein. Meine Lieblingsstelle:
DAVROS: Compassion then.
DOCTOR: Always.
DAVROS: It grows strong and fierce in you, like a cancer.
DOCTOR: I hope so.
DAVROS: It will kill you in the end.
DOCTOR: I wouldn’t die of anything else.
War. Rockstor Who – The Magician’s Apprentice
Der vielleicht zentrale Unterschied zwischen Matt Smiths und Peter Capaldis Doctor ist, dass ersterer sich permanent bemüht, „cool“ zu wirken, daran aber grundsätzlich scheitert. Capaldi hingegen bemüht sich nicht. Er ist es einfach. Er scheißt einfach drauf, zieht einen Kapuzenpulli an und spielt auf einem Panzer Gitarre. Weil er es kann. Ist schließlich auch ein Image.
P.S. Natürlich ist „War“ eine Zahl.
8. Something in your eye… – Sleep No More
Vermutlich das ungewöhnlichste und verwirrendste Ende gehört ganz dem fiesen Fiesewicht Rasmussen, der uns noch einmal seinen bösen Plan erzählt, direkt nachdem der Doctor sich mit den Worten „None of this makes any sense!“ verabschiedet hat. Aber gerade diese Unsicherheit macht das Ende so unheimlich. Und auch optisch ist das hier nichts, das den Kopf so schnell wieder verlässt.
7. Nach Hause kommen – Hell Bent
Auf den Bomben-Cliffhanger von Heaven Sent folgen zehn Minuten, die fast wie ein Western anmuten. Der Doctor kehrt an den Ort seiner Kindheit zurück, doch er schweigt die gesamte Zeit, bis er schließlich Rassilon gegenübertritt und ihm die Worte „Get off my planet“ ins Gesicht spuckt. Eine fast schon monumentale Sequenz, die keinem anderen Darsteller des Doctors zu gut liegen würde wie Peter Capaldi.
6. Der Doctor erinnert sich – The Girl Who Died
Nicht nur das Flashback-Cameo von David Tennant, sondern auch der darum gebaute Dialog zwischen dem Doctor und Clara im Bootshaus des Wikingerdorfs ist einer der zentralen Momente der Staffel. Vielleicht sogar der zentrale Moment auf dem Weg zum Finale. Es geht um die Daseinsberechtigung des Doctors, um das was er kann, das was er darf und das was er tut. Leben retten. Perfekt geschrieben und gespielt.
5. Missy und Clara – The Witch’s Familiar
Zeit für einen letzten amüsanten Platz, bevor wir uns gleich den großen ernsten Ungetümen zuwenden. Das kleine Neben-Abenteuer, das Missy und Clara im Staffelauftakt haben, wird irgendwann tatsächlich so unterhaltsam, dass es das eigentliche Haupt-Abenteuer mit dem Doctor und Davros überschattet. Wer hätte gedacht, dass die beiden Figuren so gut zusammenpassen? Wenn schon nicht Clara & Me, wäre doch Clara & Missy eine fabelhafte Idee für ein Spin-Off. Oder einfach gleich alle drei, warum nicht.
4. TARDIS im Kopf – Heaven Sent
Was geht im Kopf des Doctors vor? So ganz werden wir es nie herausfinden (und wie auch?), aber neben unzähligen anderen Highlights lieferte uns Heaven Sent trotzdem eine einzigartige Darstellung seines Innenlebens. Wir sehen den Doctor im Inneren seines eigenen Kopfes, wir sehen die Lichter der TARDIS langsam aufschwellen, wir sehen ihn mit einer imaginären Clara sprechen, zusammenbrechen, verzweifeln, fast aufgeben… Bis Clara Oswald ihm auch im Tod noch die richtigen Worte sagt: „Get off your arse and win.“
3. Der Krieg – The Zygon Inversion
Es gibt Dinge, mit denen nur der Doctor davonkommt. Davros‘ Stuhl klauen und einen heißen Tee aus dem Nichts herbeizaubern, beispielsweise. Und einen Krieg zu verhindern, indem er einfach nur redet, gehört sicher dazu. Ein atemloses Finale für diesen Zweiteiler, das uns daran erinnert, dass Doctor Who im Herzen immer noch eine ganz und gar idealistische Serie ist. Mit einer Hauptfigur, die nie aufgibt und immer an das Gute in jeder Person glaubt. Welche andere Serie könnte sich so etwas leisten, ohne dabei wie eine Kinderserie zu wirken?
2. Clara und der Doctor – Hell Bent
Vier Doctor/Clara-Szenen haben es in diese Liste geschafft. Die in Episode 12 ist ohne Zweifel die beste von allen. Und ich schummele hier etwas und zähle nicht nur die Szenen im Diner, sondern auch die in der 60er Jahre-TARDIS dazu. In denen die zwei sich gegenseitig ihre Herzen ausschütten und gemeinsam versuchen, ein unlösbares Problem in den Griff zu bekommen. Wie vor sieben Jahren bei Donna ist die Lösung ein Gedächtnisverlust, doch diesmal ein freiwilliger. Das Drama entfaltet sich langsam, in mehreren Etappen und stellt einen klaren Kontrast zu den simplen BÄM-Momenten früherer Companion-Abschiede dar. Es wirkt ehrlicher, erwachsener. Ich glaube nicht, dass ich je zuvor so sehr das Gefühl hatte, echten Menschen bei ihrem unmöglichen Abenteuern zuzusehen.
1. One hell of a bird – Heaven Sent
Ich hätte wahrscheinlich diese gesamte Liste nur mit Momenten aus Heaven Sent vollmachen können, aber nichts schlägt das Ende. Der Moment, in dem man erkennt, was der Doctor da tut ist einer der besten und mitreißensten Momente in der Geschichte von Doctor Who. Man schüttelt den Kopf, man hält die Luft an – und man jubelt. Allein die Musik und das Märchen, das der Doctor erzählt, je weiter er sich durch die Wand schlägt – und dann die Enthüllung von Gallifrey am Ende. Ich bekomme Gänsehaut allein vom dran Denken. Gab es in der Geschichte des Fernsehens je eine bessere Montage als diese hier? (Wenn ja, werde ich die einfach ignorieren, sorry)
Fotos © BBC