Spoiler Zone: Heaven Sent

Wer ist der Doctor?

Ist es nicht merkwürdig, dass Doctor Who sich seit 52 Jahren um einen Charakter dreht, den wir eigentlich gar nicht richtig kennen? Der sich ständig widerspricht, der seine eigens aufgestellten Regeln selbst schon unzählige Male gebrochen hat? Und bei dem für jede Information, die wir über ihn haben, zwei weitere im Schatten liegen? Es ist eines der großen Rätsel und gleichzeitig eines der Erfolgsgeheimnisse von Doctor Who, warum diese unmögliche Hauptfigur, die in jedem Drehbuchkurs sofort vom Tisch fliegen würde, so unwiderstehlich ist.

Wir als Zuschauer verbringen jede Folge, jede Staffel und die Ära von jedem Doctor-Schauspieler damit, ihm hinterherzujagen. Wir versuchen, ihn irgendwie zu fassen zu bekommen, zumindest einen Teil des Rätsels um ihn zu lösen und einen Fetzen der Lösung abzureißen. Wir sind ein wenig wie der Veil, das Monster in Heaven Sent. Wir folgen dem Doctor auf Schritt und Tritt, jagen ihn die endlosen Korridore entlang und geben nur dann kurzzeitig Ruhe, wenn er uns etwas über sich verrät. Ein Geheimnis. Etwas Aufregendes. Aber nie zu viel. Nie seinen Namen. Nie seine ganze Lebensgeschichte. Bevor er das tut, würde er lieber sterben. Und die Serie um ihn herum gleich mitnehmen.

Es sind aber nicht nur die Zuschauer, die dem Doctor auf diese Art hinterherhetzen, sondern auch die Autoren. Anders als bei den meisten anderen Serien gibt es bei Doctor Who keinen allwissenden Schöpfer, dessen Wort Gesetz ist. Jeder neue Chefautor bietet lediglich seine Interpretation von dem, was vorher kam, er kann nur versuchen, die Idee des Doctors einzukreisen, das Konzept, das ihn zu dem macht, der er ist. Und kein Autor in der Geschichte der Serie war ihm so hartnäckig auf der Spur wie Steven Moffat. Seit The Girl in the Fireplace im Jahr 2006 versucht er dem Doctor irgendwie auf die Schliche zu kommen und hat uns seitdem in Folgen wie The Day of the Doctor und Listen so nah an seine Kindheit und Hintergrundgeschichte des Time Lords geführt wie nie jemand zuvor.

Heaven Sent mutet beinahe ein wenig wie die Krönung von Moffats Entwicklung an. Der Punkt, auf den er all die Jahre hingesteuert hat. Sein, nach The Day of the Doctor, zweites großes Meisterwerk, das zusätzlich an Bedeutung gewinnt, wenn man bedenkt, dass er zwischenzeitlich geplant hatte, den Posten als Who-Chef nach diesem Jahr zu verlassen. Vergisst man für einen Moment, dass er noch für mindestens eine weitere Staffel weitermachen wird, ist Heaven Sent ein fantastischer Abschied: Ein letztes Spielen mit der Mythologie hinter dem Doctor. Eine letzte Enthüllung. Ein Wiedersehen mit Gallifrey. Und eine der besten Doctor Who-Folgen aller Zeiten. Man wird den Verlust wohl erst bemerken, wenn er eines Tages nicht mehr da ist. Denn Moffat, und das ist objektiv wahr, ist der Boss.


Ausblick

Oh my. Es war für mich persönlich leider keine große Überraschung mehr, weil die BBC sich mit diversen spoilerhaften Informationen ganz schön selber ins Bein geschossen hatte, aber für viele Zuschauer muss Gallifrey am Ende der Folge eine Überraschung gewesen sein. Und was für eine, holy moley. Zehn Jahre hat es gedauert, aber der Doctor ist endlich zuhause. Das allerdings nicht gerade mit guter Laune.

Wir kennen den genauen Plan der Time Lords nicht, wir wissen nicht, wer genau für die Geschehnisse in Heaven Sent verantwortlich war und warum. Genauso wenig wissen wir, wie ernst wir die Prophezeiung nehmen können, derzufolge der Doctor Gallifrey in Schutt und Asche legen könnte. Und wir wissen nicht, ob er sich mit dem Satz „The Hybrid is me“ auf sich selbst oder auf Maisie Williams Charakter Ashildr/Me bezieht, die schließlich auch in der nächsten Folge dabei sein wird.

Wir können allerdings erahnen, dass Hell Bent, die finale Folge der Staffel einen krassen Gegensatz zur vorherigen darstellen wird. Denn nach einer minimalistischen Story, in der praktisch nur der Doctor zu sehen war, kommt jetzt das genaue Gegenteil: Eine Story, in der alles passiert. Mit Gallifrey, Time Lords, Ashildr und vermutlich noch viele weitere Figuren, deren Erscheinen noch geheim gehalten wird. Wir erinnern uns: Abgesehen von der noch ausstehenden Weihnachtsfolge war das hier kurzzeitig als Steven Moffats großes Doctor Who-Finale geplant. Also was auch immer er noch vom Stapel lässt, es wird wohl ordentlich in die Fresse hauen.

Mein neues Lieblingsfoto auf der Welt ist übrigens dieses Promobild für nächste Woche:


E-Space

Doctor Who Extra


Stuart Mannings Episodenposter


von artisticappeltaart


von redfar


Märchen-Transkription zum Nachlesen:

The Brothers Grimm, lovely fellas. They’re on my darts team. According to them, there’s this emperor and he asks this shepherd’s boy: “How many seconds in eternity?” And the shepherd’s boy says “There’s this mountain of pure diamond. It takes an hour to climb it, and an hour to go around it! Every hundred years, a little bird comes and sharpens its beak on the diamond mountain And when the entire mountain is chiselled away, the first second of eternity will have passed!” You must think that’s a hell of a long time. Personally, I think that’s a hell of a bird.

Musik zum Nachhören


Fotos © BBC

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